Nachricht vom

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat im März 2023 die Arbeit der DFG-Forschungsgruppe „Sakralraumtransformation – Funktion und Nutzung religiöser Orte in Deutschland“ (TRANSARA) um drei Jahre verlängert (2023–2026). Dieser Zeitraum ist die zweite Phase des insgesamt sechsjährigen Förderzeitraums. Federführend ist die Universität Bonn, mit Beteiligung der Universitäten Köln, Leipzig, Regensburg und Wuppertal. In Leipzig ist die Praktische Theologie unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Deeg beteiligt.

Die Arbeit der Forschungsgruppe widmet sich den sich gegenwärtig beschleunigenden Transformationsprozessen rund um kirchliche Gebäude. Die Gruppe setzt sich dabei kritisch mit Immobilienprozessen in Landeskirchen und Bistümern, den Rahmenbedingungen für gesellschaftsöffentliche Transformationsprozesse sowie mit Diskursen und Bewertungsmaßstäben im Kontext des Denkmalschutzes auseinander. Ziel der Arbeit ist eine vertiefte Klärung der Bedeutung von Sakralräumen, insbesondere dort, wo sie hybrid genutzt werden, und die Erarbeitung von Orientierungen für die an der Neunutzung von Kirchenräumen Beteiligten, die theologische, soziale, bauliche, ästhetische und ökonomische Dimensionen einbeziehen. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Forschungsgruppe mit Teilprojekten aus der Theologie, der Kunstgeschichte und der Immobilienwirtschaft trägt der Mehrdimensionalität von Kirchengebäuden Rechnung, die sowohl zentrale symbolische Gebäude der kirchlichen Institutionen, als auch identitätsstützende und soziale Orte in der Gesellschaft sowie hervorgehobene Bauaufgabe sind.

„Es ist unbestreitbar, dass jeder Sakralraum in seinem geographischen, geschichtlichen und sozialen Kontext einzigartig ist. Dennoch lassen sich bestimmte Gesetzmäßigkeiten im Positiven wie im Negativen herauskristallisieren, die dabei helfen können, im konkreten Fall sowohl dem Raum als auch den beteiligten Personen und Institutionen gerecht zu werden, soweit dies eben geht. Das Endergebnis kann dabei höchst unterschiedlich ausfallen und möglicherweise auch völlig anders, als dies zu Beginn denkbar war“, sagt Prof. Dr. Albert Gerhards, Sprecher der Gruppe. Durch die Kartierung der Untersuchungsgebiete und die Auswahl von gemeinsam zu bearbeitenden Fallbeispielen in der ersten Projektphase sind die Ziele des Gesamtprojekts deutlich konturiert: interdisziplinäre Verständigung über „Sakralität“ und Praktiken des Raums sowie die Erarbeitung von Leitlinien einer multiperspektivischen Prozessgestaltung.

In Teilprojekt 2, das am Institut für Praktische Theologie an der Universität Leipzig verankert ist, steht die Erforschung hybrider Nutzungen, die Akteure jenseits der Kirche im Kirchenraum involvieren, im Zentrum. Diese Formen erweiterter Nutzung stehen nicht erst seit dem Kirchbautag in Erfurt 2019 im Fokus der Diskussionen um die Transformation von Kirchengebäuden, die nicht mehr regelmäßig für den Gottesdienst genutzt werden. Das von Prof. Dr. Alexander Deeg geleitete Projekt hat dazu in der ersten Projektphase ein Typologie von Raumlogiken hybrider Nutzung vorgelegt, das Simultaneität (gemeinsame Nutzung eines Raumes), Separation (Abtrennung und Einbau von Bereichen für eine weitere Nutzung) und Anlagerung (Veränderung der Nutzung des Kirchenraums durch Ansiedlung einer weiteren Nutzung in dessen Umfeld) unterscheidet. Daneben interessiert für den Fall der Ablösung, also einer klassischen Umnutzung, inwiefern dennoch implizit eine Hybridität des Raums bleibt. Für alle Formen fokussiert sich die empirische Arbeit in diesem Teilprojekt auf die Aushandlungsprozesse zwischen den Nutzungslogiken, die im Raum selbst sichtbar und von Verantwortlichen und Nutzer:innen zum Ausdruck gebracht werden.

Erste Forschungsergebnisse hat die Gruppe mit dem Band „Kirche im Wandel. Erfahrungen und Perspektiven“ vorgelegt. Neben der Druckversion ist er als kostenfreier Download zugänglich:

https://www.aschendorff-buchverlag.de/digibib/?digidownload&tid=21262

Aus Teilprojekt 2 sind als Beiträge in diesem Band erschienen:

  • Albert Gerhards / Sven Bienert / Alexander Deeg / Ulrich Königs / Kerstin Menzel / Stefanie Lieb / Jörg Seip, Sakralraumtransformation – Einführung in die Untersuchungsbereiche des Forschungsprojekts, in: Albert Gerhards (Hg.), Kirche im Wandel. Erfahrungen und Perspektiven zur Transformation sakraler Räume (Sakralraumtransformationen Bd. 1), Münster 2022, 57–92.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Potentiale spannungsvoller Kooperationen. Begriff und Praxis hybrider Kirchennutzung, in: Albert Gerhards (Hg.), Kirche im Wandel. Erfahrungen und Perspektiven zur Transformation sakraler Räume (Sakralraumtransformationen Bd. 1), Münster 2022, 171–189.
  • Kerstin Menzel, Sakralraumtransformation als Aushandlungsprozess. Differenzierungen im Blick auf Prozess und Akteure. Response zu Dunja Sharbat Dar, in: Albert Gerhards (Hg.), Kirche im Wandel. Erfahrungen und Perspektiven zur Transformation sakraler Räume (Sakralraumtransformationen Bd. 1), Münster 2022, 229–244.

Darüber hinaus sind folgende Publikationen aus dem Projekt hervorgegangen:

  • Alexander Deeg, Zwischen-Räume: Wir – Ich – die Anderen oder: Zu gegenwärtigen Transformationsdynamiken sakraler Räume zwischen Entgrenzungen und Grenzziehungen, in: Theologie der Gegenwart 65 (2022) 4, 285–301.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Ökumene der Dritten Räume und der Konvivenz. Konfessionelle Prägung von Raumerfahrung und die Potenziale ökumenischer Kirchenzentren, in: Albert Gerhards / Stefan Kopp (Hg.), Von der Simultankirche zum ökumenischen Kirchenzentrum (Kirche in Zeiten der Veränderung 10), Freiburg 2021, 211–238.
  • Kerstin Menzel, Einrichten ist Aneignen. Gegenstände als Zugang zur Erforschung einer veränderten Nutzung von Kirchengebäuden, in: Sonja Keller / Antje Roggenkamp, Die materielle Kultur der Religion. Interdisziplinäre Perspektiven auf Objekte religiöser Bildung und Praxis (rerum religionum), Bielefeld 2023, 169–193.
  • Kerstin Menzel, Ausgeräumt. Eine kleine Typologie von Kirchenräumen ohne Kirchenbänke, in: das münster 76 (2023) 1, Themenheft: „Eine Freundin der Kirche und ihr Begleiter. Perspektiven zum Verhältnis von sakraler Kunst und Kirche. Dokumentation des Symposiums 75 Jahre „das münster“, 38–43.
  • Kerstin Menzel, Zeugnis und Dienst im Sozialraum. Sakralraumtransformationen in ländlichen Räumen Ostdeutschlands, erscheint demnächst in: Die Evangelische Diaspora 2022/23 „Diaspora in Stadt und Land“.
Kein Ereignis gefunden! Es gibt keine gültige Fallback-PID (Liste) im Detail-Plugin