Das Projekt beschäftigt sich mit erweiterter und veränderter Nutzung von Kirchengebäuden. Es ist Teilprojekt der DFG-geförderten Forschungsgruppe 2733 „Sakralraumtransformation. Funktion und Nutzung religiöser Orte in Deutschland“ (Transara).

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Philippuskirche Leipzig mit Turm und Aufzug Integrationshotel
Philippuskirche Leipzig, Integrationshotel, Bild: Kerstin Menzel

Sakralraumtransformation

Sakrale Räume haben für Menschen inner- und außerhalb der jeweiligen religiösen Gemeinschaften eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz und werden in ihrer Orientierungsfunktion für das individuelle und kollektive Gedächtnis wertgeschätzt. Vor dem Hintergrund der rückläufigen Kirchenmitgliederzahlen stellt sich jedoch für die evangelische wie die katholische Kirche die Frage, ob Kirchengebäude verkauft werden, ungenutzt bleiben oder einer neuen bzw. erweiterten Nutzung zugeführt werden.

Die Logiken von Sakralraumtransformationen sind kontextabhängig. Das Teilprojekt 2 untersucht daher Transformationen in Leipzig als einer ehemals mehrheitlich evangelischen, inzwischen weitgehend säkularen Stadt im Osten Deutschlands. Das Ziel ist es, die leitenden Logiken dieser Prozesse in einem säkularen Umfeld wahrzunehmen. Das Projekt folgt der Hypothese, dass die Schaffung hybrider Räume zu einem besonderen Kennzeichen der Sakralraumtransformationen in Leipzig gehört – die Schaffung von Räumen also, die neben einer im engeren Sinne sakralen Nutzung für eine im weiteren Sinn 'gesellschaftliche' bzw. kulturelle Nutzung geplant sind.

Das Projekt geht in drei Schritten vor:

  • Erstmalige umfassende Erfassung und Kartierung der Sakralraumtransformationen in Leipzig und Umgebung seit 1990 bis zur Gegenwart
  • Interdisziplinäre Analyse leitender Logiken zur Wahrnehmung sakraler Räume in einem säkularen Kontext anhand ausgewählter Transformationsprozesse, Vergleich mit Transformationsprozessen im Untersuchungsraum Aachen
  • Erarbeitung von Kriterien für gelingende Sakralraumtransformation im Osten Deutschlands in theoretischer und praktischer Perspektive, in interdisziplinärer Hinsicht und im Vergleich mit dem zweiten Untersuchungsraum

Nutzungsveränderungen von Kirchengebäuden führen häufig zu Kontroversen, an denen unterschiedliche Interessen und Bedeutungszuschreibungen verhandelt werden. Ziel der DFG-Forschungsgruppe ist, durch die Zusammenführung unterschiedlicher Forschungsansätze aus Liturgiewissenschaft und Kirchentheorie, Philosophie und Raumtheorie, Architektur, Immobilienwirtschaft, Denkmalschutz und Kunstgeschichte eine praxisrelevante „Theorie des sakralen Raumes“ im 21. Jahrhundert zu erarbeiten.

Beteiligt sind die Universitäten Bonn, Leipzig, Wuppertal und Köln sowie die Katholische Akademie Schwerte. Untersuchungsräume sind Aachen und Leipzig.

  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel (Hg.), Diakonische Kirchen(um)nutzung (Sakralraumtransformationen 2), Münster: Aschendorff 2023. Open Access verfügbar.
  • Kerstin Menzel, Die Kirche offen lassen, in: kunst + kirche 4/2023, „Commons“, 20-23.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Entwicklungstendenzen und Kontexte diakonischer Kirchen(um)nutzung. Eine Einführung in den Band, in: dies. (Hg.), Diakonische Kirchen(um)nutzung (Sakralraumtransformationen 2), Münster: Aschendorff 2023, 9–22.
  • Kerstin Menzel, Alexander Deeg und Uta Karstein, Simultaneität – Synergie – Symbiose? Brüche und Wechselspiele zwischen kirchlich-gemeindlichen und diakonischen Logiken, in: Menzel / Deeg (Hg.), a.a.O., 153–188.
  • Kerstin Menzel, Imaginationen und Praktiken der Gemeinschaft von Pilgernden. Explorationen in Kirchen im ostdeutschen ländlichen Raum, in: Alexander Deeg / Markus Schmidt (Hg.), Spiritualität und Gemeinschaft, Darmstadt 2023, 589–612.
  • Kerstin Menzel, Zeugnis und Dienst im Sozialraum. Sakralraumtransformationen in ländlichen Räumen Ostdeutschlands, in: Die Evangelische Diaspora 89 (2022/23) „Diaspora in Stadt und Land“, Leipzig 2023, 42–64 (open access).
  • Kerstin Menzel, Einrichten ist Aneignen. Gegenstände als Zugang zur Erforschung einer veränderten Nutzung von Kirchengebäuden, in: Sonja Keller / Antje Roggenkamp, Die materielle Kultur der Religion. Interdisziplinäre Perspektiven auf Objekte religiöser Bildung und Praxis (rerum religionum), Bielefeld 2023, 169–193.
  • Kerstin Menzel, Ausgeräumt. Eine kleine Typologie von Kirchenräumen ohne Kirchenbänke, in: das münster 76 (2023) 1, Themenheft: „Eine Freundin der Kirche und ihr Begleiter. Perspektiven zum Verhältnis von sakraler Kunst und Kirche. Dokumentation des Symposiums 75 Jahre „das münster“, 38–43.
  • Albert Gerhards / Sven Bienert / Alexander Deeg / Ulrich Königs / Stefanie Lieb / Kerstin Menzel / Jörg Seip, Sakralraumtransformation – Einführung in die Untersuchungsbereiche des Forschungsprojekts, in: Albert Gerhards (Hg.), Kirche im Wandel. Erfahrungen und Perspektiven zur Transformation sakraler Räume (Sakralraumtransformationen Bd. 1), Münster 2022 (open access), 57–92.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Potentiale spannungsvoller Kooperationen. Begriff und Praxis hybrider Kirchennutzung, in: Gerhards (Hg.), a.a.O., 171–189.
  • Kerstin Menzel, Sakralraumtransformation als Aushandlungsprozess. Differenzierungen im Blick auf Prozess und Akteure. Response zu Dunja Sharbat Dar, in: Gerhards (Hg.), a.a.O., 229–244.
  • Alexander Deeg, Zwischen-Räume: Wir – Ich – die Anderen oder: Zu gegenwärtigen Transformationsdynamiken sakraler Räume zwischen Entgrenzungen und Grenzziehungen, in: Theologie der Gegenwart 65 (2022) 4, 285–301.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Für Soziales (um)genutzt: wie diakonische Projekte neues Leben in alte Kirchengebäude bringen, in: zeitzeichen 12 /2021, 46–48.
  • Alexander Deeg / Kerstin Menzel, Ökumene der Dritten Räume und der Konvivenz. Konfessionelle Prägung von Raumerfahrung und die Potenziale ökumenischer Kirchenzentren, in: Albert Gerhards / Stefan Kopp (Hg.), Von der Simultankirche zum ökumenischen Kirchenzentrum (Kirche in Zeiten der Veränderung 10), Freiburg 2021, 211–238.

27./ 28. September 2021: Symposium "Diakonische Kirchenumnutzung", Leipzig
PDF 1 MB

Diakonische und gemeinwesenorientierte Transformationen spielen in der Forschung zu
Kirchen(um)nutzung gegenüber kommerziellen und kulturellen Nutzungen bisher eine untergeordnete Rolle. Im Rahmen der Forschung zu Sakralraumtransformationen im Osten Deutschlands fallen jedoch einige prominente Beispiele in diesem Bereich auf. Diese werden auf dem Symposium in einen weiteren Kontext gestellt. Zum einen wird
explizite diakonische Kirchen(um)nutzung in den Blick genommen. Diese umfasst die Mit- und Umnutzung von Kirchen durch diakonische Institutionen oder in dezidierter Beteiligung an Stadt- und Regionalentwicklung, aber auch Kirchenräume in
diakonischen Einrichtungen in Geschichte und Gegenwart. Zum anderen soll die implizite Diakonizität von Kirchenräumen reflektiert werden. Sie zeigt sich dort, wo Kirchenräume als offene Räume der Gastlichkeit, als Schutzräume, als Orte
grenzüberschreitender Gemeinschaft etc. genutzt und erlebt werden und ist sozialräumlich differenziert baulich verkörpert – in Citykirchen, Gemeindezentren
und Dorfkirchen.

6./7. Februar 2023: Zwischen Sakralität und Universität, Leipzig
PDF 876 KB

Interdisziplinäre und internationale Explorationen ausgehend vom „Paulinum –
Aula/Universitätskirche St. Pauli“ in Leipzig

Im Dezember 2022 wird es fünf Jahre her sein, dass das Paulinum als hybrider Raum – Universitätsaula und Universitätskirche St. Pauli zugleich – eingeweiht wurde. Die Erfahrungen in der Nutzung als Veranstaltungs-, als Konzert- und als Gottesdienstraum, als Ort der Kunst und als temporäres Impfzentrum bilden den Ausgangspunkt
für diese Tagung, die nach Aushandlungsprozessen im Kontext hybrider Nutzung in der Kooperation von religiösen und säkularen Akteuren fragt. Ob sich in diesem Gebäude kulturelle Überschneidungen von ‚sakral‘ und ‚säkular‘ feststellen lassen, die neue
Konstrukte jenseits dualer Alternativen hervorbringen? In zwei Schritten sollen generalisierende Überlegungen angeregt werden: Zum einen soll das Paulinum als Gedenkort, als Citykirche und als städtischer Ort eingeordnet werden. Am zweiten Tag werden die Beobachtungen dann ins Verhältnis gesetzt zu Konflikten rund um multireligiöse Räume und Räume der Stille an säkularen Institutionen, zu weiteren Kirchen-Wiederaufbauprojekten im ostdeutschen Kontext sowie zu anderen
Abtrennungen, die kirchliche und zivilgesellschaftliche bzw. kommunale Nutzung in
Kirchengebäuden vermitteln.
 

Jahrestagungen der Forschungsgruppe

2021: Kirche im Wandel, Bonn / digital

Programm

Tagungsband

2022: Immobilie Kirche, Regensburg

Programm

Tagungsbericht zur Tagung

2023: Epistemologien des Transformierens, Bonn / digital

Programm

Tagungsbericht zu Tagung

Save-the-date: 5.–6. Juli 2024: Jahrestagung IV, Katholische Akademie Schwerte

Team

Prof. Dr. Alexander Deeg

Prof. Dr. Alexander Deeg

Universitätsprofessor

Praktische Theologie
Institutsgebäude
Beethovenstraße 25, Raum 206
04107 Leipzig

Telefon: +49 341 97-35461

Dr. Kerstin Menzel

Dr. Kerstin Menzel

Wiss. Mitarbeiterin

Praktische Theologie
Institutsgebäude
Beethovenstraße 25, Raum 211
04107 Leipzig

Telefon: +49 341 97-35468

 Elisabeth März

Elisabeth März

Wiss. Mitarbeiterin

Praktische Theologie
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04107 Leipzig

Telefon: +49 341 97-35468

Transformationen im Untersuchungsraum Leipzig

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Tisch und Stühle, einfache Liegen mit Blick von der Empore in den romanischen Kirchenraum
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Fahrradkirche Zöbigker, saniertes Mauerwerk und Membrandach von außen
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Palettencafé in der Jugendkirche PAX mit Kissen und Blumen, seitlich die Kanzel
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Philippuskirche Leipzig mit Turm und Aufzug Integrationshotel

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