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Ein bewegender Gesprächsabend zum Massaker des 7. Oktobers und dem Gaza-Krieg brachte am 17. Januar die einzigartige Gelegenheit, auf die Erfahrungen und Einordnungen einiger Personen aus der israelischen Öffentlichkeit zu hören.

Selten hat mich ein Abend, an dessen Organisation ich selbst beteiligt war, so überrascht und nachhaltig beeindruckt wie der Gesprächsabend am 17. Januar 2024 zum Massaker des 7. Oktobers und zum Krieg in Gaza. Die Wahrnehmung, dass die gesellschaftliche Diskussion in Deutschland irgendwo zwischen unterkomplexen Kurz-Statements und überforderter Sprachlosigkeit stattfindet, hatte uns, das sind Yemima Hadad, Alexander Deeg, Nimrod Baratz und mich, auf die Idee gebracht, zumindest für unsere Fakultät einen Raum zu schaffen, um auf die Stimmen einiger zu hören, die mitten im Geschehen sind.

Loui Haj, Karma Ben Johanan und Tomer Persico waren nicht nur bereit, sich diesem offenen und unberechenbaren Format zu stellen. Vielmehr haben Sie den Abend erst zu dem anrührenden Ereignis gemacht, das er wurde, indem Sie die Zuhörer:innen mit hinein genommen haben in Ihr persönliches Ringen angesichts der weithin hoffnungslos scheinenden Situation.

Wir wurden mit hineingenommen in die Zerrissenheit eines palästinensischen Israelis, der selbst Verwandte in Gaza hat, dessen Herz angesichts des Krieges blutet und der gleichzeitig nicht müde wird, das Massaker des 7. Oktobers als das zu benennen was es ist: eine Gewaltorgie, die jeder Erklärung oder gar Entschuldigung spottet. Einer, der daran leidet, dass sich das Klima in der israelischen Gesellschaft vielleicht unwiederbringlich verändert hat, es eine nervöse Achtsamkeit gibt, die sich in seine Richtung und die seiner arabischen Mitmenschen richtet.

Wir wurden mit hineingenommen in das Ringen einer Mutter, die Ihre Kinder nicht davor schützen kann, von der maßlosen Gewalt zu erfahren, die um sie herrscht, und die sich um die Folgen für diese Kinderherzen sorgt. Einer Wissenschaftlerin, die ohnmächtig erlebt, dass internationale wissenschaftliche Kontakte zunehmend zum Abbruch gebracht werden. Einer israelischen Bürgerin, die spürt, wie dieser Krieg inmitten der ohnehin bestehenden Regierungskrise, die fehlende Solidarität und Polarisierung in der Gesellschaft zum Äußersten treibt. Einer Jüdin, die im interreligiösen Dialog engagiert ist und die wahrnimmt, dass insbesondere der muslimisch-jüdische Dialog kollabiert - nicht aufgrund fehlender Bereitschaft, sondern schlicht aufgrund des Schmerzes über das, was geschehen ist.

Wir wurden mit hineingenommen in das Ringen eines Wissenschaftlers und Autors, eines Kenners jüdischer Identität, der um Worte ringt, um zu beschreiben, dass das, was der 7. Oktober brachte einerseits eine unbeschreibliche Dimension an Gewalt und Unmenschlichkeit war. Es sich andererseits für viele Jüdinnen und Juden seltsam vertraut anfühlt. „We heard the storys. We know the history.“ Vielleicht war das der Moment an diesem Abend, der mir am tiefsten unter die Haut ging. Ströme aus Blut, Vergewaltigung und Verstümmelung, Mütter, die ihre Kinder vor den Mörderbanden verstecken und sie anflehen leise zu sein - das ist jüdische Geschichte! Das ist jüdische Erfahrung. Das ist Teil jüdischer Identität.

So viel mehr könnte erzählt werden, über diesen gut besuchten Gesprächsabend, der in Sicherheit und ernster, offener Atmosphäre stattfinden konnte. Hier muss es an dieser Stelle genügen und mir bleibt es dankbar zu sein, für diese Gelegenheit des „echten“ Austausch, für den Mut, die Weisheit und die Offenheit der Referent:innen und all jener, die sich darauf eingelassen haben. Danke!

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