Auf den folgenden Seiten informieren wir über die nahezu 135jährige Geschichte des Instituts für Kirchengeschichte.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eine Studentin sitzt an einem Tisch und hat dickes Buch vor sich. Scharfgestellt sind Hände, Buch und Tisch im Vordergrund. Im Hintergrund sieht man Arm und Oberkörper, der Kopf ist außerhalb des Fotos.
Foto: Stephanie Klumpp

Geschichte des Instituts

Die Kirchengeschichte war ursprünglich in die Philosophische Fakultät integriert. Erst mit der Ausdifferenzierung der historischen Fächer und der Universitätsreform des Jahres 1830 wurde sie ein Teil der Theologischen Fakultät. In dem akademischen Umfeld der Theologischen Fakultät befassten sich Kirchenhistoriker häufig auch mit verwandten Themen, z. B. dem Neuen Testament. Deutlicher sichtbar wurde die Kirchengeschichte durch die Gründung des Kirchengeschichtlichen Seminars (heute würde man von einem Institut sprechen) im Jahre 1886.
Zur Geschichte des Instituts gehören viele große Namen, die die Grundlinien der Forschung am Institut bis heute vorgegeben haben:

  • Adolf von Harnack (1851 – 1930)
    Professor in der Systematischen Theologie 1876 – 1879; Mitherausgeber der „Theologischen Literaturzeitung“, die überragende Gestalt in der Erforschung der Geschichte des antiken Christentums im 19. Jahrhundert, begann in Leipzig seine Karriere
  • Albert Hauck (1845 – 1918)
    Professor für Kirchengeschichte 1889 – 1918; u. a. Verfasser der „Kirchengeschichte Deutschlands“ Werk in 2 Bänden über einen Zeitraum von 1000 Jahren
  • Heinrich Böhmer (1869 – 1927)
    Professor für Kirchengeschichte 1916 – 1927; nahm in seinen Forschungen die Beziehungen zwischen Reformation und Spätmittelalter in den Blick und forschte intensiv zu Thomas Müntzer
  • Heinrich Bornkamm (1901 – 1977)
    Professor für Kirchengeschichte 1935 – 1945; kämpfte im Nationalsozialismus gegen die Vereinnahmung der Kirchengeschichte durch den Nationalsozialismus an; führend in der Lutherforschung; 1945 Entzug der Lehrerlaubnis
  • Franz Lau (1907 – 1973)
    Professor für Kirchengeschichte 1949 – 1971; ein Mann der Bekennenden Kirche; verteidigte die reformationsgeschichtliche Forschung gegen die Kritik und die Vereinnahmungsversuche von sozialistischer Seite; beschäftigte sich intensiv mit der Korrektur der Verkennung Müntzers und Luthers als Vertreter einer „frühbürgerlichen Revolution“
  • Helmar Junghans (1931 – 2010)
    1971 – 1982 Lehrauftrag am Institut, 1982 – 1990 a. o. Professor und 1990 – 1997 ordentlicher Professor für Kirchengeschichte; Spezialist in der Luther- und Reformationsforschung; forschte weiterhin intensiv zur sächsischen Kirchengeschichte; Herausgeber des Lutherjahrbuches
  • Kurt Nowak (1942 – 2001)
    1983 Dozent für Kirchengeschichte; 1987 a. o. Professor und von 1992 bis 2001 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Kirchengeschichte; gab der Kirchlichen Zeitgeschichte ein breiteres Profil unter der Leitperspektive einer neuzeitlichen Christentumsgeschichte in vielfältigen, darunter geistes- und gesellschaftsgeschichtlichen Bezügen
  • Günther Wartenberg (1943 – 2007)
    Professor neuen Rechts für Kirchengeschichte 1992-2007; wie auch bei Helmar Junghans bildete neben der Luther- und Reformationsforschung die sächsische Landeskirchengeschichte das Zentrum seines Interesses

Die an unserem Institut tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Promovierenden, Habilitandinnen und Habilitanden haben in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Publikationen veröffentlicht. Dabei setzten und setzen sie eigene, den Gebieten Reformationsgeschichte und Kirchliche Zeitgeschichte zuzuordnenden Schwerpunkte, wobei der Kreis der Veröffentlichungen weit über diese thematischen Kerne hinausreicht. So gehört zur Reformationsgeschichte immer auch die Geschichte des Spätmittelalters, zur Kirchlichen Zeitgeschichte (diese ist nicht kirchlich, sondern ihr Forschungsgegenstand ist die Kirche) die gesamte neuzeitliche Kirchengeschichte und die christlichen Künste.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die Theologische Fakultät im Mauricianum am Augustusplatz vor der Zerstörung durch den Bombenangriff vom 4. Dezember 1943.
Sitz der Theologischen Fakultät im Mauricianum (bis 1943), Foto: Universitätsarchiv Leipzig

Politischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus war zwar von nationalkonservativ geprägten Theologieprofessoren nicht zu erwarten. Resistenz in ideologischen Fragen war jedoch zu verzeichnen. 

1933 verfasste die Fakultät ein im Ton vorsichtig gehaltenes Gutachten zu den „28 Thesen“ aus den Reihen deutschchristlicher (mit der Ideologie des Nationalsozialismus sympathisierender) Kreise. Dies erforderte auch die Expertise der Kirchengeschichte. In dem Gutachten sprach sich die Fakultät z. B. gegen die Vermischung des Kirchlichen mit dem Staatlichen, die Interpretation des Luthertums als „deutsches Christentum“ und die Ablehnung des Alten Testaments aus. 

1937 drohte sogar die Schließung der Theologischen Fakultät, da sie – ohne großes eigenes Zutun – als staatsfeindlich angesehen wurde. Diese konnte durch den Dekan der Fakultät, den Kirchenhistoriker Hermann Wolfgang Beyer, abgewendet werden.

Nach der Unterbrechung des Lehrbetriebs durch den Beginn des II. Weltkrieges sollte die Theologische Fakultät 1940 von der Wiedereröffnung ausgenommen werden, wogegen wiederum Beyer heftig protestierte. 1943 wurde der Lehrbetrieb durch die Zerstörung der Fakultät im Mauricianum am Augustusplatz und der Bibliothek beim Bombenangriff vom 4. Dezember vorübergehend eingestellt. Teilweise wurden danach die Lehrveranstaltungen durch die Professoren in ihren Wohnungen abgehalten, bis die Theologische Fakultät 1946 neue Räume im ehemaligen Amtsgericht im Petersteinweg bezog.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die fast vollständig zerstörten Gebäude der Universität Leipzig mit Sitz der Theologischen Fakultät nach dem Bombenangriff vom 4. Dezember 1943 am Augustusplatz. Einzig die im Innenhof scheinbar wachende Bronzefigur von Gotthold Ephraim Lessing blieb unversehrt.
1943 zerstörte Universitätsgebäude am Augustuplatz, Foto: Universitätsarchiv
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das Fakultätsgebäude im Petersteinweg 8 von 1946 bis 1973.
Sitz der Theologischen Fakultät ab 1946 im Petersteinweg 8, Foto: Stadtgeschichtliches Museum

Nach Gründung der DDR blieben die bestehenden sechs Theologischen Fakultäten erhalten. Überlegungen, diese abzuschaffen beziehungsweise in Religionswissenschaftliche Fakultäten umzuwandeln, wurden verworfen. 
Erst 1973 bekam die Fakultät ihren Sitz in der Emil-Fuchs-Straße 1. Versuche, die Fakultät staatlichen Kontrollen und Zwängen zu unterwerfen, scheiterten vorerst, wurden aber spätestens mit der Hochschulreform von 1951 schrittweise durchgesetzt.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das Fakultätsgebäude in der Emil-Fuchs-Straße 1 nach der Wiedereröffnung 1973.
Sitz der Theologischen Fakultät ab 1973 in der Emil-Fuchs-Str. 1, Foto: Reinhard Ferdinand

Mit der Zerstörung der Universitätskirche im Jahre 1968 verlor nicht nur unser Institut, sondern die gesamte Universität ihren letzten Ort der freien Rede. Die große Welle der Proteste gegen die Sprengung ließen erneut eine Schließung der Theologischen Fakultät befürchten, was im Rahmen der 3. Hochschulreform mit der Umwandlung der Fakultät in die „Sektion“ Theologie abgewendet wurde. 

Als eigener Schwerpunkt in der Leipziger Kirchengeschichtsforschung entwickelte sich die Kirchliche Zeitgeschichte, die sich mit der Kirchengeschichte seit der Zeit der Weimarer Republik befasst. Etabliert wurde die Kirchliche Zeitgeschichte durch Kurt Meier, der vor allem grundlegende Untersuchungen zur Geschichte des Kirchenkampfes im Nationalsozialismus veröffentlichte. Meiers Schüler Kurt Nowak (1942 – 2001) entwickelte die Disziplin methodisch entscheidend weiter.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Sprengung der Universitätskirche St. Pauli durch das DDR-Regime 1968.
1968, Sprengung Paulinerkirche, Foto: Gudrun Vogel

1992 wurde die Theologische Fakultät mit der Kirchlichen Hochschule zusammengelegt, was eine zunehmende Fächervielfalt bedeutete. Das Angebot am Institut für Kirchengeschichte erweiterte sich beispielsweise um die christliche Archäologie und die kirchliche Kunst.

Die Professur für Neuere und Neueste Kirchengeschichte inklusive Christliche Archäologie hat seit 2002 Professor Klaus Fitschen inne. Professor für Spätmittelalter und Reformation ist seit 2007 Armin Kohnle.

Quellen:

K. Fitschen, Theologische Fakultät, in: Geschichte der Universität Leipzig 1409-2009, Band 4, 1. Halbband, Leipziger Universitätsverlag GmbH 2009, S. 35-102

M. Hein/H. Junghans (Hrsg.): Die Professoren und Dozenten der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig von 1409 bis 2009, 2009, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig

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