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Der Blog zur Studienreise ins Elsass im vergangenen Sommersemester ist fertiggestellt und ab sofort am Start.

Link: https://elsprot.hypotheses.org/

Sowohl französisch als auch deutsch … oder weder deutsch noch französisch? Dieser scheinbare Widerspruch prägte und prägt das Elsass. Nachdem es unter Ludwig XIV. französische Provinz geworden war, wurde es zum Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich: Ab 1871 als Resultat des Deutsch-Französischen Krieges Teil des Deutschen Kaiserreiches, wurde es von Frankreich mit dem Versailler Vertrag 1919 reannektiert. Mit der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht erneut deutsch, um nach Kriegsende Teil der Vierten Französischen Republik zu werden. Manche Elsässerinnen und Elsässer wechselten im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts vier Mal die Staatsangehörigkeit. Einerseits hatte dies ein bis heute nachwirkendes einzigartiges kulturelles, politisches, wirtschaftliches und sprachliches Amalgam zwischen Deutschland und Frankreich zur Folge. Andererseits führte das Gefühl, Spielball zweier Großmächte zu sein, zur Herausbildung einer starken regionalen Identität der Elsässerinnen und Elsässer. Auch in konfessioneller Hinsicht ist das Elsass durch vielfältige Einflüsse geprägt, sei es durch Straßburg als einem Zentrum der Reformation im süddeutschen Raum, durch die reformierte Stadtrepublik Mülhausen, eine vergleichsweise präsente jüdische Minderheit oder die katholische Bevölkerungsmehrheit. Bis heute nimmt das Elsass auch staatskirchenrechtlich durch sein droit local des cultes eine Sonderstellung innerhalb Frankreichs ein, so werden etwa Pfarrerinnen und Pfarrer, Priester sowie Rabbinerinnen und Rabbiner durch den Staat entlohnt und Theologie kann an staatlichen Universitäten studiert werden, was im laizistischen Frankreich sonst undenkbar wäre. Die protestantische Minderheit im Elsass hatte traditionell einen schweren Stand: Mehrheitlich lutherisch in Abgrenzung zum überwiegend reformierten Protestantismus im Rest Frankreichs, wurde sie sowohl von den „innerfranzösischen“ Glaubensgenossen als auch vom katholischen Frankreich misstrauisch beäugt. Aber auch in Zeiten deutscher Vorherrschaft taten sich Differenzen mit dem mehrheitlich evangelischen Mutterland der Reformation auf. Hin- und hergerissen zwischen Frankreich und Deutschland und unter dem Verdacht mangelnder Loyalität sowie insgeheimer Sympathie mit der jeweils anderen Seite stehend, waren die elsässischen Protestanten “vaterlandslose Gesellen”, um es mit einem ursprünglich auf die Sozialdemokratie gemünzten Schimpfwort aus der Zeit des Deutschen Kaiserreiches auszudrücken. Wie ging der elsässische Protestantismus mit dieser doppelten Frontstellung um? Wie reagierte er auf die wechselnden politischen Kräfteverhältnisse? Wie prägen die historischen Erfahrungen bis heute dessen Identität und wie prägte dieser die Identität des Elsass?

Im Rahmen einer Studienreise in der Pfingstwoche von Mittwoch, dem 31. Mai bis Sonntag, dem 4. Juni 2023 hat eine Gruppe aus Leipziger Studierenden der Evangelischen Theologie sowie des Lehramts für Evangelische Religion die Geschichte und Gegenwart des elsässischen Protestantismus vom 19. Jahrhundert bis heute erkundet. Der Blog dient der arbeitsteiligen Darstellung wichtiger Erkenntnisse und Erfahrungen sowohl aus den insgesamt sieben Vorbereitungssitzungen als auch der Exkursion selbst, um so auch eine größere inner- und außeruniversitäre Öffentlichkeit am Seminargeschehen teilhaben zu lassen.