Der Tag begann mit studentischen Präsentationen, die in Form von Paneldiskussionen verschiedene Themenfelder des Schabbats beleuchteten. Es wurden unter anderem Präsentationen über „Gender und Schabbat“ gehalten, in denen feministischen Auslegungen vom Schabbat vorgestellt und zum Beispiel der Frage nachgegangen wurde, was es bedeuten kann, als alleinerziehende Mutter Schabbat zu feiern. Außerdem wurden ökologische Lesarten vom Schabbat, wie das Programm „Green Sabbat“ von Jonathan Schorsch präsentiert, das Nachhaltigkeit und jüdische Tradition verbindet. Eine weitere Präsentation widmete sich jüdischen Objekten, wie Kopfbedeckungen, Kiddusch-Bechern, dem Siddur (Gebetsbuch), Schabbatkerzen, Challah und Salz. Dabei wurde deutlich, wie vielfältig Traditionen innerhalb des Judentums sein können – etwa in der Frage, ob die Challah (Schabbatbrot) geschnitten oder gerissen wird. Die zentrale Erkenntnis war, dass nicht das Objekt selbst, sondern der Moment seiner Verwendung die eigentliche Bedeutung trägt. Die letzte Präsentation behandelte die rechtlichen und ökonomischen Aspekte des Schabbats in Israel, wie zum Beispiel die Öffnungszeiten von Geschäften.
Prof. Asher Biemann (Charlottesville, VA) hielt einen Vortrag über die Entstehung des Reformjudentums und die bürgerliche Gleichstellung von Jüd*innen in Deutschland im 19. Jahrhundert sowie rituelle Veränderungen im frühen Reformjudentum.
Nach diesem reichhaltigen akademischen Austausch haben wir uns von der Freien Universität auf den Weg zur der Ohel Hachidusch-Gemeinde gemacht, um dort Kabbalat Schabbat zu feiern.
Die Ohel Hachidusch (Zelt der Erneuerung) besteht aus einem egalitären Minjan (mindestens 10 jüdische Erwachsene) und folgt der aschkenasischen Tradition. Männer, Frauen und queere Menschen sind gleichberechtigt. Die Chasan (jüdische Kantorin) Jalda Rebling, leitete uns durch den spirituellen und lebendigen Gottesdienst, der von viel Gesang, Musikinstrumenten, und mystischen Elementen geprägt war. Chasan Jalda Rebling erhielt ihre S´micha (ihre Ordination) von ALEPH - Alliance for Jewish Renewal in den USA.
Ein Schwerpunkt der Gemeinde Ohel Hachidusch ist die Verbindung von Tradition und Moderne. Durch die Sitzordnung in einem Halbkreis, das viele Singen und die herzliche Art der Kantorin hatte der Gottesdienst eine warme und fröhliche Stimmung. Im Anschluss gab es ein gemeinsames vegetarisches Schabbat-Dinner, bei dem die traditionelle Challah gesegnet wurde und es zu angeregten Gesprächen kam. Dabei wurde besonders deutlich, wie vielfältig und international die Gemeinde ist.
Autorin: Paulina Felsch studiert B.A. Judentum in Tradition und Gegenwart sowie Ev. Theologie und ist studentische Hilfskraft bei Prof. Yemima Hadad.